Was ist ein Kreubandriss?
Die Kreuzbänder verlaufen wir Ihr Name bereits vermuten lässt, überkreuzt durch das innere des Kniegelenkes Das vordere Kreuzband (VKB, Ligamentum cruciatum anterius) verläuft hierbei von der gelenkszugewandten Außenseite des Oberschenkels zur inneren Seite der sog. Area intercondylaris des Schienbeins. Das hintere Kreuzband (HKB, Ligamentum cruciatum posterius) zieht gegenläufig von der Innenseite des Oberschenkels zur Mitte des Schienbeins allerdings hinter dem VKB. Ein Riss des Kreuzbandes führt meist zu einer deutlichen Instabilität des Kniegelenks. Diese wird von den Patienten oft als „Auslassen des Beines“ im Sinne einer sog. Giving way Attacke bemerkt. Die Patientin/der Patient beschreibt ein Gefühl als ob der Unterschenkel Auslassen respektive Weitergehen würde nachdem er/sie abrupt stehen bleibt.
Am häufigsten wird das vordere Kreuzband bei Sportunfällen (Ski, Fußball, Handball, Basketball, etc..) verletzt. Dabei kommt es meist zu einem kombinierten Bewegungstrauma – vor allem Beugung und Außenrotation des Kniegelenks bei gleichzeitiger X-Beinstellung (Valgus-Stellung). Diese Traumata führen nicht selten auch zu sog. Kombinationsverletzungen wie z.B. der „unhappy triad“ (Riss des medialen Seitenbandes, des medialen Meniskus und des VKB). Die seltenere Verletzung des hinteren Kreuzbandes tritt meist bei Anpralltraumen sitzend im Auto sog. dashboard injury“ oder Druck auf den Unterschenkel mit nach hinten gerichteter Kraft bei gebeugtem Kniegelenk auf. Das HKB hat im Gegensatz zum VKB ein Potential zur Heilung, weshalb bei entsprechenden Fällen eine konservative Therapie mit Schiene möglich ist. (Bild aus Internet kaufen)
Diagnose:
Die Diagnose richtet sich zunächst nach der klinischen Untersuchung. Hierbei wird eine Verschiebung des Unterschenkels im Gegensatz zum Oberschenkel nach vorne und hinten durchgeführt. Bei dieser Verschiebung auch „Translation“ genannt, erfolgt die Beurteilung der Wegstrecke die sich der Unterschenkel in Relation zum Oberschenkel verschieben lässt. Die Überprüfung erfolgt immer im Seitenvergleich zur gesunden Seite um eine anlagebedingte Bandlaxität (generelle Lockerheit oder Dehnbarkeit der Bänder) von einer tatsächlichen Instabilität abzugrenzen. Ist eine im Vergleich zum gesunden Knie abnormale Verschiebung des Schienbeins nach vorne festzustellen (sog. positive vordere Schublade) ist dies ein Hinweis für eine Verletzung des VKB. Eine vermehrte Translation nach hinten deutet auf eine Verletzung des HKB (pos. hintere Schublade). Bei frischen Verletzungen ist die Untersuchung schmerzbedingt nicht immer so einfach, weshalb oft eine neuerliche klinische Überprüfung nach Abschwellung und Schmerzlinderung durchgeführt wird. Regelhaft findet man bei einer frischen Verletzung auch eine Kniegelenkserguss, der durch eine Einblutung in das Gelenk entsteht (sog. Hämarthros).
Als bildgebende Verfahren werden routinemäßig Röntgen des Kniegelenkes in 2 Ebenen veranlasst, welche etwaige knöcherne Begleitverletzungen wie z.B. Brüche des Schienbeinkopfes miterfassen können.
Das klassische diagnostische Verfahren zur Beurteilung des Kapsel- Bandapparates ist die magnetresonanztomographische Untersuchung (MRT).
Therapie:
Operation oder konservativ? Nicht immer ist in Fällen eines Kreuzbandrisses eine Operation notwendig. Die Entscheidung ob und wie operiert wird, sollte immer gemeinsam von Arzt und Patient im Hinblick auf Alter, sportliche Aktivität und subjektivem Instabilitätsgefühl getroffen werden. Ist der Betroffene nicht übermäßig sportlich aktiv und fühlt sich durch den Kreuzbandriss nicht im Alltag behindert, ist meist kein operativer Eingriff am Knie notwendig. In diesem Fall erfolgt ein gezielter Muskelaufbau (Quadriceps und Hamstrings), um die Instabilität zu kompensieren.
Bei sehr jungen und sportlich aktiven Menschen sowie Patienten bei denen trotz konservativer Therapie mit ausreichendem Muskelaufbau keine Stabilität erreicht werden kann, empfiehlt sich die Kreuzbandplastik. Diese wird heutzutage arthroskopisch durchgeführt. Bei der Operation muss darauf hingewiesen werden, dass es sich in den allermeisten Fällen (Ausnahme sind Refixationen, welche in jüngster Vergangenheit wieder eine kleine Renaissance erleben) um eine sog. Kreuzbandersatzplastik handelt. Für den Ersatz des Kreuzbandes stehen unterschiedliche Transplantate zur Verfügung, wobei in Europa in den meisten Fällen eine sog. Semitendinosus-Gracilis Plastik herangezogen wird. Alternativ stehen noch eine sog. Patellarsehenerekonstruktion (sog. BTB bone-tendon- bone Technik, klassische Clancy Technik) und die Verwendung der Quadricepssehne zur Verfügung. In Revisionsfällen werden gelegentlich auch sog. Allografts (Spendersehnen von Verstorbenen) verwendet, was in Europa verglichen mit Amerika allerdings deutlich seltener der Fall ist. Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden, sollte eine Operation notwendig sein, bespreche ich gerne mit Ihnen.
Die postoperative Rehabilitation erfolgt unmittelbar nach der Operation und dauert je nach Technik, vier bis sechs Wochen. Je nach Transplantat und Knochenqualität kann frühzeitig mit der Belastung begonnen werden. Ich empfehle generell eine Teilbelastung für 4 Wochen. Danach ist eine Belastung mit dem ganzen Körpergewicht möglich. Anfangs empfiehlt es sich unter physiotherapeutischer Anleitung in „geschlossener“ und anschließend in „offenere Kette“ zu trainieren, um so einen kontrollierten Muskelaufbau sowie eine Verbesserung der Beweglichkeit des Kniegelenkes unter Berücksichtigung der Belastungsgrenzen des Transplantates zu ermöglichen. Wettkampfsport im professionellen Bereich sollten in den ersten sechs bis neun Monaten vermieden werden.
Alltagsbelastungen nach einer Kreuzband OP sind allerdings verhältnismäßig rasch wieder möglich.