Was ist eine Schultersteife?
Unter einer Schultersteife oder Frozen Shoulder versteht man eine bindegewebige Schrumpfung der Gelenkskapsel die durch vermeintlich entzündliche Veränderung verursacht wird. Wir unterscheiden eine sog. primäre von einer sekundären Schultersteife. Bei der primären Schultersteife kann keine erkennbare Ursache für die oft plötzlich eintretende narbige Schrumpfung des Kapselgewebes gefunden werden. Sekundäre Formen entstehen auf dem Boden von anderen Schulterpathologien wie z.B. einer Kalkschulter oder eines Rotatorenmanschettenrisses. Die Folge ist eine stark schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Schultergelenks.
Die primäre Schultersteife tritt gehäuft bei Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf. In etwa 25% der Fälle können beide Schultern betroffen sein. Stoffwechelserkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenüber- oder unterfunktion und erhöhte Blutfette (Hypercholesterinämie) dürften begünstigend wirken.
Klinik und Diagnose:
Klinisch zeichnet sich diese Erkrankung durch starke Schmerzen und eine deutliche Bewegungseinschränkung der Schulter aus. Es besteht meist ein deutliches Kapselmuster mit Einschränkung der Inne- und Außenrotation sowie der Abduktion (seitliches Anheben des Armes).
Die Erkrankung ist meist selbstlimitierend und verläuft über 8-24 Monate stadienhaft:
Im Stadium I (sog. „freezing phase/Einfrieren“) stehen Schmerzen vor allem Nachts im Vordergrund. Mit Fortdauer der Erkrankung kommt es zunehmend zu einer deutlichen Bewegungseinschränkung
Im Stadium II (sog. „frozen phase/Gefroren“) nehmen die Schmerzen ab, die Bewegungseinschränkung nimmt allerdings zu.
Im Stadium III ( sog. „thawing phase/Auftauen“) langsames aber kontinuierliches Abklingen der Symptome mit einer graduellen Besserung der Beweglichkeit.
Die Diagnose wird in erster Linie anhand der Klinik gestellt. Ein Röntgen und ggfs. eine MRT sollte zum Ausschluss anderer Schultergelenkspathologien bzw. zur Bestätigung einer sekundären Schultersteife durchgeführt werden. Eine früher häufiger durchgeführte Arthrographie (Injektion von Kontrastmittel in das Schultergelenk mit anschließender Röntgenaufnahme) zum Beweis eines deutlichen verringerten Kapselvolumens ist in meinen Augen nicht notwendig.
Therapie:
Die Therapie der Schultersteife ist langwierig und bedarf daher sehr viel Geduld sowie ein engmaschige Betreuung durch Arzt und Therapeut.
Im Stadium I und II gilt es zum Einen den Schmerz zu reduzieren um dann in weiterer Folge die Beweglichkeit zu verbessern. Es ist von größter Wichtigkeit, dass die Bewegungstherapie unter weitestgehender Schmerzreduktion erfolgt um weiterer Vernarbungen im Rahmen der Therapie zu verhindern. Dies kann entweder mittels mehrfacher Injektionen von Lokalanästhetika und Kortison oder durch die orale Einnahme von schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten erfolgen. Auch eine orale Stoßtherapie mittels Kortison, welches in weiterer Folge wieder ausgeschlichen wird, kann eine sehr effektive Maßnahme sein um das Beschwerdebild zu verbessern. Eine forcierte Physiotherapie mit dem Ziel der Wiederherstellung der Beweglichkeit, soll nach Möglichkeit etwas zeitversetzt erfolgen um die Schmerzen im Vorfeld der Therapie zunächst deutlich zu reduzieren.
Sollte diese Therapie das Kapselmuster nicht ausreichend auflösen und die Beschwerden anhalten, kann eine arthroskopische Operation, bei welcher eine sog. juxtaglenoidales Release durchgeführt wird, erwogen werden. Bei dieser Operation wird die Kapsel nahe an der Schultergelenkspfanne durchtrennt umso die Kapselschrumpfung zu beheben. Wichtig ist es nach der Operation ebenfalls eine Therapie durchzuführen, da es ansonst postoperativ zu Vernarbungen und Verklebungen kommen kann, welche wiederum eine Schultersteife begünstigen können. Eine früher häufiger durchgeführte Narkosemobilisation(„Redressement“) sollte aufgrund der fehlenden Überprüfbarkeit in meinen Augen eher unterlassen werden. In Studien konnte gezeigt werden, dass es bei der brüsken Durchbewegung der Schulter in Narkose zu deutlichen Verletzungen von intrartikulären Strukturen kommen kann, welche Ihrerseits wieder Anlass für Probleme der Schulter bieten können.