Coxarthrose und Hüftgelenkersatz
Definition:
Coxarthrose ist definiert als Arthrose des Hüftgelenkes. Die Arthrose des Hüftgelenkes beschreibt degenerative Veränderungen am Gelenksknorpel sowie am umliegenden Knochen, welche klinisch zunächst mit belastungsabhängigen Schmerzen einhergehen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung bzw. der Abnützung kommt es zunehmend auch zu Bewegungseinschränkungen und Ruheschmerzen. Schmerzen können zudem durch eine sog. „Aktivierung“ der Arthrose z.B durch einen Sturz (Trauma) oder spontan entstehen. In diesen Fällen sprechen wir von einer sog. aktivierten Arthrose, welche meist mit Schwellung und Überwärmung und Zunahme der Schmerzen einhergeht. Im angloamerikanischen Raum wird die Arthrose als „Osteoarthritis“ bezeichnet, welche gerade die entzündliche Komponente der Abnützung in Fällen der Aktivierung miteinschließt.
Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk und gehört zu den größten Gelenken des menschlichen Körpers. Es setzt sich aus dem Hüftkopf und der Hüftpfanne (Azetabulum) zusammen.
Bei einem gesunden Hüftgelenk sind Hüftkopf und -pfanne mit einer Knorpelschicht überzogen, die ein Gleiten der Gelenkteile ermöglicht und Krafteinwirkungen auf das Gelenk dämpft. Die beiden Gelenkspartner werden von einer sog. Gelenkskapsel umschlossen. Zur Vergrößerung der Gelenksfläche gibt es zudem eine faserknorpelige Gelenkslippe das sog. Labrum acetabulare. Die innere Schicht der Gelenkskapsel bildet die Gelenksflüssigkeit (Synovia) um so den Gelenksknorpel zu ernähren und gleichzeitig für eine Benetzung zur Verminderung der Reibung zu sorgen. Der Knorpel selbst hat keine zuführenden Blutgefäße, weshalb er von Bewegung im Sinne ständig wechselnder Be- und Entlastung sowie der Synovia abhängig ist.
Zusätzlich wird das Hüftgelenk von einem ein festen Band- und Sehnenapparat sowie kräftigen Muskeln umgeben, welche zugleich Schutz und Motor des Gelenkes sind.
Es werden prinzipiell zwei Arten von Coxarthrosen unterschieden: Die primäre (idiopathische) und die sekundäre Coxarthrose. Die primäre Coxarthrose beginnt gewöhnlich ohne bekannte Ursache nach dem 60. Lebensjahr. Ursache sekundärer Coxarthrose können Fehlstellungen des Hüftgelenks (Hüftdysplasie), rheumatische und bakterielle Entzündungen sowie Spätfolgen von Verletzungen (posttraumatisch) sein.
Eine weitere, nicht unbedeutende Ursache einer sekundären Coxarthrose stellt das sog. femoroacetabuläre Impingement dar. Bei diesem kommt es entweder aufgrund einer vermehrten Überdachung (sog. „Pincer“) der Pfanne oder durch Anbauten am Schenkelhals (sog. „Cam“) mit Verringerung des sog. Offsets zu einem Anschlagen oder Anstoßen des Hüftkopfes am Pfannenrand. In weiterer Folge kommt es zur Schädigung der Gelenkslippe und letztendlich zu einer frühzeitigen Abnützung des Gelenksknorpels.
Außerdem können auch Übergewicht, Überbelastung (u.a. durch Extremsport) und andere Stoffwechsel- oder neurologische Erkrankungen zu Abnützungserscheinungen führen (Arthropathien).
Diagnose:
Am Anfang der Abnützung stehen zunächst belastungsabhängige Beschwerden in der Leiste und am lateralen Oberschenkel gelegentlich auch im Bereich des Gesäßes. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kommen zunehmend Bewegungseinschränkungen und Ruheschmerzen hinzu. Patienten klagen meist über Beschwerden beim Gehen, Treppensteigen oder auch beim Anziehen von Schuhen und Strümpfen. Im fortgeschrittenen Stadium führt dies zu einem deutlichen Schmerzhinken bzw. Schongang.
Bei der klinischen Untersuchung durch den Arzt zeigt sich ein Leistendruckschmerz. Schon im Frühstadium ist charakteristischerweise das Einwärtsdrehen, das Abspreizen (Innenrotation und Abduktion der Hüfte), sowie die Überstreckung des Beines im Sinne eines sog. Kapselmusters eingeschränkt. Letzteres fällt den Patienten allerdings zumeist nicht auf, da eine Überstreckung des Beines im Alltag selten benötigt wird. Im Endstadium der Coxarthrose ist die Beweglichkeit der Hüfte in alle Richtungen maximal eingeschränkt.
Eine Beckenübersichtsaufnahme im Stehen und eine Röntgenaufnahme der betroffenen Hüfte in zwei Ebenen ist in den meisten Fällen für eine Diagnose ausreichend. Im Frühstadium sollte zum Ausschluss eines femoroacetabulären Impingement bzw. Labrumpathologien oder einer Hüftkopfnekrose auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) in Erwägung gezogen werden. Im Röntgenbild zeigt sich bei einer Coxarthrose eine Gelenkspaltverschmälerung (der Zwischenraum zwischen Gelenkskugel und Pfanne verschwindet), Knochenanbauten (Osteophyten), sogenannte Geröllzysten am Pfannendach und im Hüftkopf, sowie eine subchondrale Sklerosierung. In Spätstadien kann es zu Verformung bzw. Entrundung des Hüftkopfes kommen, was eine weitere Abnützung nur vorantreibt.
Therapie:
Vor allem in Frühstadien sollte zuerst immer eine konservative Therapie angewendet werden. Diese beinhalten Gewichtsabnahme bei Übergewicht, medikamentöse und physikalische Therapie und moderate sportliche Bewegung (hüftgelenksschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren und Walken. Sportarten wie Tennis, Squash und sonstige Ballsportarten mit erhöhter Sprungbelastung sowie abrupten Richtungswechsel im Sinne von sog. „Stop and Go“ Sportarten sollten eher vermieden werden.
Oberstes Ziel der Therapie sollte der Erhalt der Muskulatur und der Beweglichkeit sein. Zur medikamentösen Therapie stehen orale, Schmerzmittel (NSAR, nichtsteroidale Antirheumatika) und lokale Schmerzinfiltrationen mit Cortison, die ins Hüftgelenk gespritzt werden, zur Verfügung. Ergänzend können auch Nahrungsergänzungsmittel (Glykosaminoglykane, Chondroitinsulfat etc..) sowie Infiltrationen mit Hyaluronsäure oder autologem conditioniertem Plasma (ACP) in Erwägung gezogen werden, wobei hierfür bislang keine klare wissenschaftliche Evidenz besteht.
Nur wenn diese konservativen Methoden nicht zum gewünschten Erfolg führen ist ein operativer Eingriff zumeist der endoprothetische Gelenkersatz notwendig.
Bei Fällen von Labrumpathologien sowie dem femoroacatbulären Impingement kann in jungen Jahren auch eine Hüftarthroskopie (Gelenksspiegelung) vorgenommen werden. In Fällen der fortgeschrittenen Erkrankung stellt die Totalendoprothese den Goldstandard der Therapie dar. In den letzten Jahren haben sich mehr und mehr minimal invasive Verfahren für den Gelenksersatz durchgesetzt, wobei die Bezeichnung minimal invasiv der Schonung der Muskulatur und weniger der Schnittlänge geschuldet ist. Bezüglich verwendeter Materialien der Prothesen sowie unterschiedlicher Zugangswege, berate ich Sie gerne in meiner Ordination. Ich persönlich bevorzuge den minimal invasiven anterolateralen Zugang mit einer Prothese, deren Belastbarkeit und Standfestigkeit über Jahrzehnte bekannt ist.
Meralgia paraesthetica sog. Bernhardt-Roth-Syndrom
Definition:
Das Syndrom zählt zu den Nervenengpasssyndromen und beschreibt eine Kompression bzw. Einengung des rein sensiblen Hautnervens an der Oberschenkelaußenseite (Nervus cutaneus femoris lateralis, ein Ast des Plexus lumbalis). Betroffene leiden teils unter brennenden Schmerzen bzw. Missempfindungen bis hin zu Taubheitsgefühlen am vorderen und seitlichen Oberschenkel. Männer sind etwa 3x häufiger Betroffen. Das Zustandsbild kann durch Stoffwechselerkrankungen wie z.B Diabetes begünstigt werden. Speziell langes Stehen bei überstrecktem Hüftgelenk kann zu einer Dehnung des Nerven und dadurch zu Verschlechterung der klinischen Symptome führen.
Linderung hingegen tritt meist im Sitzen auf. Häufig werden die Beschwerden durch mechanische Irritation wie zu enge Kleidung, etwa durch zu festsitzenden Jeans oder Gürteln verursacht. Sowohl Übergewicht durch eine sog. Fettschürze als auch Untergewicht durch fehlende Isolation des Nerven im Unterhautbindegewebe können auslösend oder begünstigend wirken.
Therapie:
Die Therapie erfolgt zunächst immer konservativ. Zu enge Kleidung sollte auf jeden Fall vermieden werden. Bei Übergewicht ist eine Gewichtsreduktion ratsam. Gelegentlich kann eine diagnostische und therapeutische Infiltration des Nervs entweder blind oder ultraschallgezielt Abhilfe schaffen. Eine Operation und Freilegung des sensiblen Nervs, ist nur in therapierefraktären Fällen notwendig.
Musculus-piriformis-Syndrom
Definition:
Der Musculus piriformis liegt unter der Gesäßmuskulatur zwischen Kreuzbein und Oberschenkel und zählt zu den Muskeln der Hüftmuskulatur. Er stellt die anatomische Leitstruktur (Leitmuskel) des Plexus sacralis (Kreuzbeingeflecht) dar. Der Muskel neigt zu schmerzhaften Verspannungen oder Verkürzung und führt dann zu meist ins Gesäß oder in den dorsalen Oberschenkel ausstrahlenden Schmerzen.
Häufig werden diese Schmerzen mit ausstrahlenden Rückenschmerzen (Lumboischialgie) oder Ischiasschmerzen verwechselt, weshalb auch von einer Pseudoischalgie gesprochen wird. Mögliche Ursachen für die Beschwerden sind langes Sitzen vor allem wenn das Becken seitlich verkippt wird, wie dies bei einer Geldbörse in der Gesäßtasche der Fall sein kann. Falsches Heben von Gegenständen sowie die Veränderungen der Radien im Skipsort (Carving Ski) haben diesem Syndrom in letzter Zeit zu einer neuen Blüte verholfen.
Diagnose:
Schmerzhafte Hüftirritationen sowie Schmerzen beim seitlichen Abspreizen (Abduktion) und beim nach Außendrehen (Außenrotation) des Beines gegen Widerstand sowie Druckempfindlichkeit des Muskels sind deutliche Hinweise auf ein Musculus-piriformis-Syndrom.
Therapie:
Die Injektion von Schmerzmitteln (Lokalanästhetikum) mit einer geringen Dosis Kortison kann Abhilfe schaffen. Zusätzlich helfen Physiotherpie, allen voran die Dehnung des Musculus piriformis bzw. die exzentrische Belastung und isometrische Übungen. Sowohl die Triggerpunktbehandlung als auch die Faszientherapie nach Typaldos haben sich ebenfalls als sehr effektive Therapiemethoden herauskristallisiert.
Psoassyndrom oder Psoasreizung
Definition:
Die Psoasreizung oder Iliopsoas Syndrom beschreibt eine Reizung des Musculus iliopsoas, welcher von der Lendenwirbelsäule über die Leiste am Vorderrand des Hüftgelenks am kleinen Rollhügel des Oberschenkels (Trochanter minor) ansetzt. Im Bereich des Hüftgelenkes zwischen Musculus pectineus und Iliopsoas liegt ein Schleimbeutel (Bursa), die sog. Bursa iliopectinea, deren Aufgabe es ist die Reibung zwischen den beiden Muskeln und dem Knochen zu minimieren. Im Falle einer Reizung kommt es vielfach zu einer Schleimbeutelentzündung, welche sich durch Ergussbildung auszeichnet. Durch die Lage und den Nahebezug zu Nerven (Leitmuskel des Plexus lumbalis) sowie inneren Organen (Niere und Blinddarm) kann eine Reizung teils ausstrahlende Schmerzen verursachen. Das Syndrom bzw. die Reizung wird entweder durch Überlastung oder durch eine falsche Belastung induziert. Immer wieder findet man eine solche auch nach Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes, was manchmal mit der veränderten Biomechanik oder einer mechanischen Irritation durch die Pfanne erklärt werden kann.
Diagnose:
In der Anfangsphase stehen Schmerzen beim Beugen des Hüftgelenkes gegen Widerstand im Vordergrund. Weiters ist das Überstrecken der Hüfte schmerzhaft. Im fortgeschrittenen Stadium bzw. bei deutlicher Ergussbildung kann es zu einer Beugeschonhaltung des Hüftgelenkes kommen. Differentialdiagnostisch müssen Probleme des Iliosakralgelenkes, ein Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule sowie Erkrankungen des Darmes oder der Niere ausgeschlossen werden.
Therapie:
Wie bei fast allen Überlastungen oder Reizungen von Muskeln richtet sich die Therapie nach der Schwere der Symptome. In der Akutphase stehen Schmerzlinderung und Belastungsmodifikation im Vordergrund. Dies kann teils mit der Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten oder der Instillation/Infiltration von einem Lokalanästhetikum mit oder ohne Kortison erfolgen. Im weitern Verlauf ist eine gezielte Physiotherapie anzustreben. Hierbei steht eine gezielter Muskelaufbau in Kombination mit exzentrischer Belastung (umgangssprachlich oft vereinfacht als Dehnung beschrieben) im Vordergrund. Manuelle Techniken wie sie in der Osteopathie und der manuellen Medizin sowie dem Fasziendistorsionsmodell (FDM) eingesetzt werden, können ebenfalls sehr hilfreich sein. Hier sind besonders sog. Strain-Counterstrain, postisometrische Relaxation und Triggerband- bzw. Triggerpunktbehandlungen hervorzuheben.